Sind die Angriffe auf den Jemen eine Generalprobe für eine mögliche Operation gegen den Iran?
- Oral Toğa
- 11. Apr.
- 4 Min. Lesezeit

Die Raketen- und Drohnenangriffe der Huthis gegen Israel sowie gegen Schiffe auf dem Weg nach Israel über Bab al-Mandab nach dem 7. Oktober haben die USA und Israel zu großangelegten Gegenschlägen veranlasst. Ende Dezember 2024 und im März 2025 griffen beide Länder Huthi-Stellungen massiv an. Offiziell wurde erklärt, dass das Ziel dieser Operationen die Sicherung von Bab al-Mandab und des Roten Meeres sei. Doch insbesondere die jüngsten Äußerungen aus den USA, die über die Huthis den Iran ins Visier nehmen, werfen die Frage auf, ob es sich bei den Angriffen um eine „Generalprobe“ für einen möglichen Luftangriff auf den Iran handelt.
Nach dem US-Angriff am 15. März warnte Donald Trump den Iran, seine Unterstützung für die Huthis einzustellen, und erklärte: „Jeder Angriff oder jede Vergeltung durch die Huthis wird mit großer Gewalt beantwortet werden. Für jeden Angriff der Huthis wird der Iran verantwortlich gemacht – mit schweren Konsequenzen.“ Die USA machten aus der Operation somit eine Machtdemonstration regionaler Abschreckung.
Auch Israel führte im Dezember 2024 eine massive Luftoperation durch. Nur eine Stunde nach dem ballistischen Raketenangriff der Huthis am 19. Dezember warfen 14 israelische Kampfjets 60 Bomben auf Ziele in Sanaa ab und erklärten, sie hätten Einrichtungen angegriffen, in denen Waffen aus dem Iran gelagert würden. Am 26. Dezember weitete Israel seine Angriffe aus und traf den Flughafen von Sanaa sowie die Häfen von Hudaida, Salif und Ras Kanatib sowie Energieanlagen. Dabei wurden sechs Menschen getötet und über 40 verletzt. Der anwesende Direktor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtete von „ohrenbetäubenden Explosionen“.
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu behauptete, die Huthis hätten seit 2023 über 200 ballistische Raketen und etwa 170 Drohnen abgefeuert, von denen einige in Israel Menschenleben gekostet hätten. Er rechtfertigte die Angriffe als Teil des „legitimen Selbstverteidigungsrechts“ und kündigte an, die Operationen würden in Koordination mit den USA fortgesetzt.
Zwar begründen die USA und Israel ihre Angriffe mit den destabilisierenden Handlungen der Huthis, doch sehen viele Analysten in den Operationen einen Teil einer größeren Strategie. Besonders umstritten ist die Frage, ob der Iran das nächste Ziel sein könnte.
Der israelische Brigadegeneral a.D. und Knesset-Abgeordnete Effi Eitam sagte in einem Radiointerview im Dezember 2024, dass die Angriffe eine Vorbereitung auf eine Operation gegen den Iran darstellten: „Was wir jetzt sehen, ist im Grunde genommen eine Generalprobe.“ Die Operationen im Jemen seien eine Übung für einen als unvermeidlich angesehenen Schlag gegen den Iran.
Der Militäranalyst Talal Okal vertrat eine ähnliche Meinung und erklärte, Israel versuche, alle regionalen Fronten nacheinander zum Schweigen zu bringen, um dann in einer günstigen Lage den Iran angreifen zu können. Der Experte Dr. Jamal Harfoush betonte zudem, dass die geografischen und operativen Bedingungen im Jemen – bergiges Gelände, große Entfernungen – ähnliche Herausforderungen wie im Iran mit sich bringen. Ihm zufolge habe Israel im Jemen reale Feldversuche durchgeführt und dabei Elemente wie Langstreckenflüge, Luftbetankung und Manöver im weiten Luftraum getestet, um seine Fähigkeit zu prüfen, den Iran anzugreifen.
Auch der palästinensische Militärexperte und Generalmajor a.D. Vassif Erekat erklärte, Israel betrachte verschiedene Konflikträume wie Palästina, den Libanon oder den Jemen als „Labore“, um seine militärischen Fähigkeiten zu testen. Besonders bei den Angriffen auf den Jemen habe Israel seine Fähigkeit zu Langstreckenoperationen geprüft. Erekat räumte zwar ein, dass Angriffe auf Ziele im Iran – insbesondere auf gut geschützte Nuklearanlagen – deutlich schwieriger seien, betonte jedoch, dass die Angriffe dem israelischen Militär praktische Erfahrung in Luftbetankung, Koordination und Präzisionsschlägen vermittelt hätten.
Auf der anderen Seite äußern sich einige Analysten zurückhaltend gegenüber der Deutung der Jemen-Operationen als Vorbereitung auf den Iran. Sie weisen darauf hin, dass Israel den Iran bereits mehrfach direkt angegriffen habe und dass die Angriffe im Jemen Teil einer umfassenderen Strategie seien, die nicht allein auf den Iran abzielt. Andere Fachleute argumentieren, dass Israels Schläge in erster Linie darauf abzielten, die Huthis für ihre Raketenangriffe zu bestrafen, ohne unmittelbaren Bezug zu einem Angriff auf den Iran.
Auch wenn es schwierig ist, den Charakter einer militärischen Operation eindeutig als „Übung“ zu bezeichnen, können gewisse Hinweise genannt werden. Besonders relevant ist, ob die Angriffe auf den Jemen ähnliche Flugdistanzen wie ein möglicher Iran-Einsatz erforderten. Die israelischen Jets legten eine Entfernung von etwa 1800 km zum Jemen zurück. Die Distanz Tel Aviv–Sanaa beträgt etwa 2000 km, Tel Aviv–Teheran rund 1500 km. Diese Entfernungen erfordern Langstreckenflüge und Luftbetankung – beides Elemente, die im Jemen-Einsatz demonstriert wurden.
Einigen Quellen zufolge flogen israelische Jets nach dem Angriff weiter, um auch Szenarien mit längerer Verweildauer im Luftraum bei einem möglichen Iran-Einsatz zu testen. Die Tatsache, dass sowohl die USA als auch Israel im Jemen scharfe Munition einsetzten, ist ebenfalls bezeichnend. Besonders der Einsatz präzisionsgelenkter Bomben und Raketen durch Israel wurde als „scharfe Generalprobe“ gewertet. Die Angriffe auf Häfen und Flughäfen im Jemen könnten als Testlauf für potenzielle Angriffe auf iranische Nuklearanlagen gesehen werden.
Die Reaktionen Irans nach den Angriffen wurden genau beobachtet. In einer Phase, in der ein möglicher Angriff gegen den Iran laut diskutiert wird, verurteilte das iranische Außenministerium die Angriffe scharf, während der Kommandeur der Revolutionsgarden warnte, dass „jegliche feindliche Handlung mit verheerender Vergeltung beantwortet werde“. Die Huthis behaupteten als Vergeltung, einen US-Flugzeugträger angegriffen zu haben.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Angriffe zwei Hauptdimensionen haben. Erstens sollen sie die sicherheitsbedrohenden Aktivitäten der Huthis eindämmen. Diese stellen eindeutig eine Bedrohung sowohl für Israel als auch für die maritime Sicherheit dar. Kurzfristig scheint die Angriffs- und Raketenfähigkeit der Huthis geschwächt worden zu sein.
Zweitens aber kann der Iran-Bezug nicht ignoriert werden. Die USA senden mit diesen Operationen eine deutliche Botschaft an Teheran, insbesondere im Hinblick auf die Verhandlungen. Die Äußerungen Trumps nach den Angriffen und die iranische Ablehnung von Gesprächen unter Drohungen zeigen, dass die Vorfälle nicht losgelöst vom Iran betrachtet werden können.
In diesem Zusammenhang dienen die Angriffe zwei Hauptzielen: einer Botschaft an den Iran und einer „Generalprobe“ vor einer möglichen Operation. Auch wenn es zu vereinfachend wäre, die Angriffe als bloße Übung für einen Iran-Einsatz zu sehen, ist nicht zu leugnen, dass sie zur Vorbereitung auf eine mögliche Konfrontation mit dem Iran beitragen. Militärplaner könnten die im Jemen gewonnenen Erfahrungen in zukünftige Angriffsszenarien gegen den Iran einfließen lassen.
Dieser Artikel wurde erstmals am 28. März 2025 auf der Website von IRAM veröffentlicht.
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